Was andere über Sie denken

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Was denken die anderen?

Das größte
Gefängnis, in dem
die Menschen
leben, ist die Angst
davor, was andere
denken!

David Icke

„Aber Herr Göritz, was denken denn die anderen, wenn ich das jetzt mache?“

Es ist eine nachvollziehbare Angst von uns Menschen, von anderen abgelehnt, verurteilt oder ausgegrenzt zu werden. Aus diesem Grund sind wir alle auf unsere soziale Reputation angewiesen.

Grundsätzlich mögen wir es alle, gemocht zu werden und sind auch bereit, dafür Opfer zu bringen.

Schwierig wird es aber, wenn wir unser Handeln zu stark von der – lediglich von uns vermuteten Meinung anderer abhängig machen, also beginnen, unser Leben als Schachpartie zu betrachten und die „Züge“ unseres sozialen Umfelds in unsere eigene Lebensplanung mit einzubeziehen.
Dann sind wir irgendwann kaum noch in der Lage, wirklich freie Entscheidungen zu treffen.

Warum ist das Urteil anderer so wichtig für uns?

Man kann sagen, dass der Ursprung der Angst vor dem, was die anderen über uns denken könnten, in der Steinzeit liegt.
Wären wir damals nicht so sehr darauf erpicht gewesen, dass die anderen uns mögen, dann wären wir möglicherweise irgendwann aus unserer Gruppe ausgestoßen worden. Und das hätte in der damaligen Zeit den sicheren Tod bedeutet,

Unsere heutigen Gedanken und Gefühle haben also einen nachvollziehbaren Grund, jedoch existiert dieser Grund so heute nicht mehr.

Welche Menschen haben die größte Macht über uns?

Wenn ich in der Praxis frage: „Welche Menschen haben die größte Macht über Sie?“, dann folgt häufig erst einmal ein Abwinken: „…was heißt schon Macht…?“

Aber genau so ist es: Wenn Hein sein Handeln davon abhängig macht, was Fiete darüber denkt (genauer: was Hein denkt, was Fiete darüber denken könnte), dann hat Fiete Macht über Hein. Da Fiete von seiner Macht nichts weiß, müsste man eigentlich sagen, dass Heins Idee von Fiete Macht über ihn hat.
Der Einfachheit halber bleibe ich aber bei: Fiete hat Macht über Hein. Ohne es zu wollen und ohne es zu wissen.

Ganz oben auf der Liste der Menschen, die wir nicht enttäuschen möchten, stehen bei sehr vielen Menschen die eigenen Eltern.
Das kann ich meinen Eltern nicht antun“ ist ein erstklassiges Totschlagargument, das schon viele Wünsche, Ideen, Pläne und Lebensentwürfe dahingerafft hat.

Und sollten Sie bei dem Begriff „antun“ an etwas Schlimmes denken: Niemand hatte vor, seine Eltern zu psychisch oder physisch zu quälen.
Es ging lediglich um Dinge, wie:

  • auswandern
  • nicht den gewünschten Karriereweg einschlagen, sondern dem Weg der Freude folgen
  • Homosexualität und Queer-Sein
  • nicht „standesgemäßmäßer“ Partner
  • den elterlichen Betrieb nicht übernehmen wollen
  • die Eltern mit für sich schmerzhaften Situationen aus der eigen Kindheit konfrontieren
  • Grenzen setzen / Nein sagen

In all diesen Punkten nehmen Menschen sich zurück und setzen in ihrem eigenen Leben künstliche Grenzen, nur weil sie ihre Eltern nicht enttäuschen möchten.
Das ist natürlich grundsätzlich eine nette Idee – würden sie in diesem Moment nicht gleichzeitig Hochverrat an sich selbst begehen.

Meistens handelt es sich bei dieser Familiendynamik um ein „Zusammenspiel“ mit langer Tradition. Die mittlerweile erwachsenen Kinder haben mit ihren Eltern in der Kindheit nie oder viel zu selten die Erfahrung gemacht, dass es okay ist, eigene Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie den Vorstellungen der Eltern nicht entsprechen.

So fällt es Ihnen häufig nicht nur in Bezug auf die eigenen Eltern schwer, voll und ganz für sich einzustehen.
Die Verlustangst weitet sich häufig schon in jungen Jahren auf das soziale Umfeld aus.
Es wird peinlich genau darauf geachtet, nicht negativ aufzufallen. Alles, was vom Umfeld verurteilt werden könnte, wird unterlassen. Die Betroffenen entwickeln sogar erstaunliche Fähigkeiten im Gedankenlesen: Nicht selten fallen Sätze wie; „Wenn ich das jetzt mache, denken die anderen doch, dass ich komisch bin.“

In der Realität würde es die anderen vielleicht nicht einmal interessieren. Aber die eigene Angst davor, negativ aufzufallen und verurteilet zu werden, lässt solche Szenarien in unseren Köpfen entstehen.

Soziale Medien

Einen großen Anteil daran schreibe ich einem destruktiven Umgang mit Sozialen Medien, besonders mit Instagram, zu.
Kaum eine andere Plattform scheint so gut dazu geeignet zu sein, das Bild einer scheinbaren Norm, von richtiger und falscher Kleidung oder allgemein angesagten Ansichten zu zeichnen.

Natürlich gab es schon immer Menschen, die sich große Sorgen darum gemacht haben, was andere von ihnen denken könnten, doch stelle ich fest, dass Instagram in diesem Kontext zunehmend häufiger genannt wird.

So wird besonders noch nicht gefestigten Persönlichkeiten suggeriert, wie sie zu sein, wie sie sich zu verhalten und was sie zu tragen haben.

Es wurde schon viel dazu geschrieben und häufig erwähnt, trotzdem möchte ich Sie darauf hinweisen und dafür sensibilisieren, dass Instagram mit der Realität soviel zu tun hat, wie eine Soap-Opera Ihrer Wahl.

Beschränken Sie sich dort am besten auf (echte) Freunde, Musiker und Künstler und (soziale) Organisationen. Dann haben Sie bereits einen Großteil der Gefahr gebannt.

Falls Sie doch anderen, Ihnen persönlich unbekannten Menschen folgen möchten, dann machen Sie sich bitte zwei Dinge bewusst:

  • Was Sie sehen ist nicht die Realität, sondern maximal ein Ausschnitt davon.
  • Was Sie sehen hat nichts mit Ihnen und Ihrem Leben zu tun. Da jeder Mensch einzigartig ist, können Sie sich nicht mit anderen vergleichen. Und wenn z.B. Klaus in dem Outfit umwerfend aussieht, bedeutet das nicht, dass es Ihnen auch steht, geschweige denn, dass Sie sich darin wohl fühlen.

Wege heraus

Ich kann es niemals jedem recht machen!

Dieser Satz ist es, den Sie in Ihrem Kopf fest verankern dürfen, vielleicht sogar müssen.
Denn es wird immer Menschen in Ihrem Umfeld geben, die es gut finden, was Sie tun und es wird immer Menschen geben, die es weniger gut und vielleicht sogar blöd finden, was Sie tun.
Das hat aber überhaupt nichts mit Ihnen oder Ihren Entscheidungen zu tun, sondern mit dem jeweiligen anderen Menschen, seiner Prägung, seiner Sozialisierung und seinem Charakter.

Machen Sie sich bewusst, dass Authentizität das ist, was die meisten Menschen an anderen schätzen. Und:

Ich erlebe in meiner Praxis ausschließlich positive Entwicklungen, wenn es darum geht, zu sich zu stehen:

  • Jemand erzählt einem Freund, das er eine Psychotherapie macht und der Freund dankt es unmittelbar, indem er von seinen eigenen Erfahrungen bezüglich Therapie erzählt.
  • Ein anderer Klient outet sich als schwul und ist überrascht, dass die Freunde ihm mitteilen, dass sie das schon längst gewusst hätten.

Kurzum: die anderen denken in der Regel viel weniger über uns nach, als wir selber über uns nachdenken. Und die Gedanken sind viel freundlicher und weniger verurteilend, als wir uns das vorstellen.

Es ist in der Regel nämlich nur unser eigener harter Blick auf uns selbst, den wir auf andere projizieren. Fiete hat also gar keine Macht über Hein, sondern nur Hein hat Macht über Hein, projiziert aber auf Fiete.
Wenn wir also beginnen, uns selbst milder gegenüber zu treten, werden wir zwangsläufig feststellen, dass die anderen uns auch nicht mehr so hart verurteilen.

Meistens wissen wir tief in uns, dass wir gut sind, wie wir sind. Nur unsere Gedanken machen uns da einen Strich durch unser Selbstbild.
Beginnen Sie jedoch, sich zu trauen und zeigen sich so, wie sie sind, dann wird Ihren Worst-Case-Gedanken relativ zügig die Grundlage entzogen werden, so dass Ihr liebevolles Inneres mehr und mehr Raum bekommt und irgendwann so gefestigt ist, dass sich solche angstvollen Gedanken nicht mal mehr ansatzweise bilden können.

Was denken die anderen - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologischer Berater, Psychotherapeut (HeilprG) in Hamburg
Foto: © BalanceFormCreative / Adobe Stock

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