Staudämme

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Kennen Sie Momente, in den denen Sie eigentlich ganz genau wissen, was Sie möchten? Momente, in denen Sie das Gefühl haben, Ihren Weg ganz klar vor sich zu sehen – ganz ohne Angst vor den Veränderungen?
Das sind in der Regel Augenblicke, in denen wir das Gefühl haben, wir könnten alles schaffen. Kurze Phasen, in denen wir uns vertrauensvoll dem Fluss des Lebens hingeben können, in denen wir uns groß, souverän und frei fühlen.
Und dann, nur wenige Sekunden später, erleben wir uns wieder so, wie wir es gewohnt sind:

  • begrenzt
  • ängstlich
  • benachteiligt
  • neidisch
  • hilflos
  • klein
  • überfordert

Was genau ist da passiert?

Erlernte Selbst-Sabotage

Als Säuglinge waren wir wahrscheinlich noch weit davon entfernt, uns begrenzt, ängstlich oder neidisch zu fühlen. Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, ob wir unsere Mutter wirklich mitten in der Nacht wecken können, nur weil wir Hunger haben. Oder sind darüber ins Grübeln verfallen, was wohl die anderen Babys von uns denken könnten. Ohne, dass uns damals das Konzept von richtig und falsch bekannt war, haben wir einfach auf unsere Wahrnehmungen reagiert und damit automatisch das für uns richtige getan.
Im Laufe der eigenen Entwicklung, einhergehend mit Erziehung von Eltern und Lehrern sowie dem Wunsch nach Zugehörigkeit zu anderen Kindern, haben wir immer mehr gelernt, Entscheidungen zu durchdenken und auf der Grundlage logischer Abwägungen zu treffen.

Richtige Entscheidungen müssen nicht immer logisch sein.

Wir tun das in der Regel, weil wir Fehler vermeiden möchten und diese als Folge mangelhafter Recherche oder ungenügenden Nachdenkens begreifen.
Der Wunsch nach einer Fehlerfreiheit ist insofern nachvollziehbar, als dass Fehler in unserem Bewusstsein als etwas Schlechtes wahrgenommen werden und somit möglichst zu vermeiden sind.
„Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ sowie „Schuster bleib bei Deinen Leisten“ sind zwei Sprichwörter, die die Angst vor Fehlern seit Generationen weitervererben.
Wenn wir schon als Kleinkinder so gedacht hätten, würden wir wahrscheinlich alle noch krabbeln, denn wir würden erkennen, dass wir weder stehen noch gehen können und es lieber nicht probieren sollten, damit wir keinen Fehler machen.

Lebensentscheidungen lassen sich genauso wenig auf logisch treffen, wie sich Rechenaufgaben intuitiv lösen lassen.

Das Risiko des Scheiterns hat also möglicherweise direkten Einfluss auf die eigene Weiterentwicklung.

Wieder in Fluss kommen

Wie schaffen wir es, die Angst vor Fehlern zu überwinden und uns dem Fluss des Lebens wieder vertrauensvoll hinzugeben?
Im ersten Schritt sollten wir uns drei Dinge bewusst machen:

  • richtige Entscheidungen sind nicht immer logisch
  • was für andere richtig ist, muss nicht automatisch für mich auch richtig sein
  • Angst ist ein schlechter Ratgeber

Konzentrieren wir uns also auf uns und werfen wir einen Blick auf unsere inneren Diskussionen und Konflikte, die mit bestimmten Ideen einhergehen.
Wo kommt der Fluss ins Stocken? Welches sind die Äste, aus denen der sich Damm bildet?
In erster Linie sind es Selbstzweifel („Das schaffe ich nicht!“) und irrationale Angst in verschiedenen Formen:

  • „Was, wenn es nicht klappt?“
  • „Wie soll ich das bezahlen?“
  • „Ich mache mal lieber alles so weiter, wie ich es schon immer gemacht habe.“
  • „Was, wenn noch jemand besseres kommt?“
  • „Ist das wirklich das Richtige für mich?“
  • „Lieber nichts riskieren.“
  • „Das kann ich doch nicht einfach machen (oder lassen).“
  • „Was denken die anderen, wenn ich das jetzt mache (oder nicht mache)?“

Damit ist der Stagnation Tür und Tor geöffnet und die Frage ist, wie wir sie wieder schließen.
Meistens sind unsere richtigen Entscheidungen auf eine gewisse Art und Weise aufgeladen: Wir verspüren ein inneres Kribbeln und einen Drang, genau das, was dieses Kribbeln auslöst, jetzt umsetzen zu wollen – bis es sich unsere guten Bekannten Selbstzweifel und irrationale Angst in unserm Kopf gemütlich machen.

Wie können wir das verhindern?

Wir müssen aktiv werden und eingreifen.

Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über deinem Haupte fliegen, kannst du nicht ändern. Aber dass sie Nester in deinem Haar bauen, das kannst du verhindern. (chinesische Weisheit)

Was machen wir also, wenn wir zwischen unserem inneren Drang und der dadurch ausgelösten Angst stehen?

  • Wenn wir gar nichts tun, laufen wir Gefahr, wie zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben zu werden. (Stagnation)
  • Wenn wir auf die Angst hören, und uns gegen unsere Bedürfnisse entscheiden, wird früher oder später nur noch eine blutleere Hülle von uns übrig bleiben. (Rückzug von uns selbst)
  • Entscheiden wir uns aber dafür, uns von der Angst nicht bremsen zu lassen, dann können wir über uns hinaus wachsen. (Weiterentwicklung)

Sie entscheiden sich für die dritte Variante? Dann sorgen Sie in Ihrem Geist dafür, dass Ihre Vorstellung, Ihr Bild vom Ziel stabil ist und bleibt. Das braucht vielleicht etwas Übung, weil wir es in der Regel nicht gewohnt sind, diese Fähigkeit in positivem Kontext zu nutzen. In Bezug auf Ängste sind die meisten von uns darin sehr gut geübt. Lassen Sie sich also nicht entmutigen. Sie merken an Ihrer inneren Ladung, ob Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit bei Ihrem Ziel sind.
Sie können das Bild vor Ihrem inneren Auge größer werden lassen sowie heller und farbiger machen,- probieren Sie aus, wie es für Sie die größte Kraft hat.
Und nun handeln Sie überlegt aber schnell, denn Zeit, die Sie einfach verstreichen lassen, lässt Ihre Energie ungenutzt verpuffen. Wir können Spannung nicht endlos halten, denn das Ziel ist immer Entspannung. Diese Entspannung können wir entweder erreichen, indem wir die Spannung in unserem Sinne produktiv nutzen oder wir nutzen Kompensationsmöglichkeiten, die aber auf lange Sicht eher zu einer inneren Leere führen. Ich denke da an Drogen und an alles, was im Übermaß betrieben wird: Essen, Alkohol, Sex, Fernsehen und Arbeit sind hier wohl die Top 5.
Auch ein Boxer, dessen Gegner nicht zum Kampf erschienen ist, wird irgendwann wieder entspannt aber nicht zufrieden sein.
Und nutzen Sie das Wort „TROTZDEM“ ausgiebig. Machen Sie es zu Ihrem Bulldozer, mit dem Sie Hindernisse auf Ihrem Weg beiseite räumen und lassen Sie es Ihre Vogelscheuche sein, die die „Vögel der Sorge und des Kummers“ verjagt.
„Trotzdem“ ist das Mantra, dass Sie Ihnen auch im tiefsten Tal die Kraft und Zuversicht verleihen kann, um nicht aufzugeben.
Zusätzlich können Sie sich die Frage stellen, ob Sie am Ende Ihres Lebens eher bereuen würden, wenn Sie jetzt einen Fehler begingen oder eher, wenn Sie aufgrund irrationaler Ängste nichts riskierten.
Denn Untersuchungen zeigen, dass sterbende Menschen nicht die Fehler, die sie begangen haben am meisten bereuen, sondern die Dinge, die sie aus Angst nicht gemacht haben.

Biberdamm - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater in Hamburg
Bild von Karsten Bergmann auf Pixabay

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