Die Schale der Liebe: Selbstfürsorge ist kein Luxus

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Selbstfürsorge - Schale der Liebe - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologischer Berater, Psychotherapeut (HeilprG) in Hamburg

Luxus Selbstfürsorge?

Selbstfürsorge – ein Wort, das oft in Wellness-Broschüren oder auf Instagram-Posts mit sanften Pastellfarben auftaucht. Doch in Wahrheit ist Selbstfürsorge nichts Weiches, nichts Luxuriöses, nichts, das man sich erst gönnen darf, wenn alles andere erledigt ist. Selbstfürsorge ist die Basis für alles, was wir tun. Ohne sie geht irgendwann nichts mehr.

Die meisten von uns sind es gewohnt, für andere da zu sein. Wir geben, helfen, kümmern uns – sei es im Job, in der Familie oder im Freundeskreis. Doch was passiert, wenn wir unsere eigene Schale nicht füllen? Genau das beschreibt das Gedicht „Schale der Liebe“

Schale der Liebe

Wenn deine Schale voll ist,
kannst du aus ihr geben.
Ist sie leer,
bleibt nichts für dich und nichts für andere.

Fülle deine Schale
nicht aus Egoismus,
sondern aus Weisheit.

Nur eine gefüllte Schale
kann überfließen.

Und was überfließt,
kommt anderen zugute.

(Bernhard von Clairvaux)

Dieses Gedicht fasst das Prinzip der Selbstfürsorge in wenigen Worten zusammen. Doch warum fällt es vielen Menschen schwer, ihre eigene Schale zu füllen? Wieso sitzen mir immer wieder Menschen gegenüber, die denken, es sei egoistisch, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse wichtig zu nehmen?

Selbstfürsorge: Warum fühlen wir uns schuldig?

„Ich kann doch nicht einfach an mich denken!“ – Diesen Satz höre ich in meiner Praxis immer wieder. Viele Klienten empfinden Schuldgefühle, wenn sie sich „einfach so“ Zeit für sich selbst nehmen. Sie haben das Gefühl, egoistisch zu sein oder andere im Stich zu lassen. Doch schauen wir uns das mal genauer an:

Das gesellschaftliche Ideal des „immer Gebenden“

Besonders in unserer Leistungsgesellschaft gilt es scheinbar als Tugend, sich selbst ganz nach hinten zu stellen. Wer viel arbeitet, gilt als fleißig. Wer immer für andere da ist, als großzügig. Gut für sich selbst zu sorgen dagegen wird oft als Schwäche oder Luxus abgetan. Doch was passiert, wenn wir immer nur geben? Wir erschöpfen uns selbst – und das häufig ohne Not.

Und was haben andere dann noch von uns?

Alte Glaubenssätze

Haben Sie Sätze wie „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ oder „Eigenlob stinkt“ schon mal gehört? Viele dieser Überzeugungen sind tief in uns verankert und hindern uns daran, gut für uns selbst zu sorgen. In meiner Praxis wird nach meiner Wahrnehmung „Indianerherz kennt keinen Schmerz“ besonders häufig als Antreiber genannt, noch weiter über die eigenen Grenzen zu gehen. Doch was wäre, wenn wir stattdessen lernen: „Ich darf für mich sorgen, damit ich auch für andere da sein kann“?

Die Angst, nicht genug zu sein

Viele Menschen glauben, dass sie sich Zeit für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse und Wünsche erst verdienen müssen – indem sie genug leisten, genug geben, genug funktionieren. Doch die Wahrheit ist: Sie sind immer genug. Sie dürfen sich einfach um sich selbst kümmern, ohne erst eine unsichtbare Checkliste abzuhaken.

Manchmal stellt meinen Klienten die Angst, ein Egoist zu werden, wenn man beginnt, sich selbst gut zu behandeln, ein gedankliches Bein. Ich denke, hier kann ich Sie beruhigen: Ich habe es noch nie erlebt, dass aus Selbstfürsorge ein übersteigerter Egoismus erwachsen ist.

Wie kann ich meine Schale füllen?

Es gibt unzählige Wege, Selbstfürsorge in den Alltag zu integrieren. Es geht nicht darum, stundenlang in der Badewanne zu liegen oder teure Wellness-Retreats zu buchen (obwohl das natürlich auch schön sein kann). Viel wichtiger ist es, herauszufinden, was Ihnen persönlich guttut. Hier einige Anregungen:

Körperliche Selbstfürsorge

  • Genügend Schlaf – ein unterschätzter Luxus in unserer Gesellschaft.
  • Bewegung, die Ihnen Spaß macht – sei es Tanzen, Spazieren oder Kampfsport.
  • Gesunde Ernährung, aber ohne Dogmen – Essen darf auch Genuss sein.

Emotionale Selbstfürsorge

  • Grenzen setzen: Lernen Sie, Nein zu sagen, ohne sich schuldig zu fühlen.
  • Gefühle zulassen: Sie dürfen traurig, wütend oder frustriert sein.
  • Sich selbst mit Freundlichkeit begegnen – so, wie Sie es bei einem guten Freund tun würden.

Mentale Selbstfürsorge

  • Gönnen Sie sich Pausen vom ewigen Grübeln.
  • Achten Sie darauf, womit Sie Ihren Geist füttern – eine Social-Media-Pause kann Wunder wirken.
  • Lernen Sie, Ihre Gedanken zu hinterfragen: Nicht alles, was Sie denken, ist wahr.

Soziale Selbstfürsorge

  • Umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen guttun.
  • Lassen Sie toxische Beziehungen los – leichter gesagt als getan, aber befreiend.
  • Suchen Sie sich Unterstützung, wenn Sie sie brauchen – Therapie ist keine Schwäche, sondern Selbstfürsorge.

Selbstfürsorge ist ein Prozess, kein Ziel

Es gibt natürlich keine perfekte Formel für Selbstfürsorge. Es gibt auch keine Checkliste, die Sie abhaken können, um dann zu sagen: „So, jetzt habe ich mich genug um mich gekümmert.“ Es ist ein täglicher Prozess, eine Entscheidung, die Sie immer wieder neu treffen.

Und ja, es wird Tage geben, an denen es nicht klappt. An denen alte Muster durchbrechen, an denen Sie sich überfordern oder zu viel für andere tun. Das ist okay. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, immer wieder zu sich selbst zurückzufinden.

Denn am Ende zählt tatsächlich nur eines: Ihre eigene Schale. Also: halten Sie sie gefüllt. Nicht aus Egoismus, sondern aus Weisheit und Liebe.

Sie dürfen sich um sich selbst kümmern

Selbstfürsorge ist also bei weitem kein Luxus. Sie ist essenziell, sie ist das Fundament, auf dem alles andere aufbaut. Wenn Sie sich zu lange selbst vernachlässigen, werden Sie irgendwann auch für andere nicht mehr da sein können.

Natürlich gibt es immer wieder mal Situationen, die uns abverlangen, auch über unsere persönlichen Grenzen zu gehen. Das ist nicht per se etwas Schlechtes. Wenn Ihr Baby nachts vor Schmerzen weint, weil es Zähne bekommt, dann werden Sie es tröstend auf den Arm nehmen und durch die Wohnung oder das Haus tragen – aller eigenen Müdigkeit zum Trotz. Das ist dann eine bewusste Entscheidung im jeweiligen Moment und damit für Sie ohne schwere Konsequenzen.

Gefährlich wird es für uns erst, wenn wir uns nicht mehr bewusst entscheiden, punktuell über unsere individuelle Grenze zu gehen, sondern einem Automatismus folgen, der für uns so normal geworden ist, dass wir gar nicht mehr auf die Idee kommen, ihn zu hinterfragen.

Also fragen Sie sich: Was können Sie heute tun, um Ihre Schale ein Stück weiter zu füllen? Es muss nichts Großes sein. Ein Moment der Ruhe. Eine Pause. Ein ehrliches „Nein“. Und wenn Ihnen das schwerfällt, dann denken Sie an die Worte des Gedichts:

„Nur eine gefüllte Schale kann überfließen.“

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FAQ

Ist Selbstfürsorge nicht egoistisch?

Nein, ganz im Gegenteil. Selbstfürsorge bedeutet, dass Sie gut für sich selbst sorgen, damit Sie langfristig für andere da sein können. Wenn Sie Ihre eigenen Bedürfnisse ständig ignorieren, führt das zu Erschöpfung, Frustration oder sogar gesundheitlichen Problemen. Eine gefüllte Schale kann überfließen – und genau das kommt auch Ihrem Umfeld zugute.

Ich habe wenig Zeit. Wie kann ich trotzdem Selbstfürsorge in meinen Alltag einbauen?

Selbstfürsorge muss nicht stundenlang dauern. Kleine, bewusste Pausen im Alltag reichen oft schon aus. Atmen Sie tief durch, trinken Sie einen Tee, gehen Sie fünf Minuten an die frische Luft oder hören Sie Ihr Lieblingslied. Selbstfürsorge bedeutet nicht, dass Sie Ihr Leben umkrempeln müssen – sondern dass Sie lernen, sich regelmäßig kleine Inseln der Erholung zu schaffen.

Was ist der Unterschied zwischen Selbstfürsorge und Ablenkung?

Gute Frage! Ablenkung kann kurzfristig angenehm sein (z. B. Serien schauen oder Social Media scrollen), aber sie gibt Ihnen selten langfristige Energie zurück. Selbstfürsorge hingegen hat das Ziel, Ihre Schale zu füllen – also Sie mental, körperlich oder emotional zu stärken. Ein gutes Kriterium: Fühlen Sie sich nach der Aktivität besser, erholter oder klarer? Dann war es Selbstfürsorge. Fühlen Sie sich ausgelaugt oder betäubt? Dann war es vermutlich Ablenkung.

Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um, wenn ich mir Zeit für mich nehme?

Schuldgefühle sind oft ein Zeichen dafür, dass Sie gelernt haben, Ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen. Erinnern Sie sich daran, dass Selbstfürsorge nicht bedeutet, andere zu vernachlässigen. Sie dürfen sich um sich selbst kümmern – genau wie Sie sich um andere kümmern. Manchmal hilft es, sich vorzustellen, was Sie einer guten Freundin oder einem guten Freund raten würden. Würden Sie sagen: „Nein, du darfst dich nicht um dich kümmern“? Wahrscheinlich nicht. Also seien Sie genauso liebevoll zu sich selbst.


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