Was ist Liebe?
Bevor ich versuche, diese Frage zu beantworten, ist hier das Gedicht Was es ist von Erich Fried:
Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die LiebeEs ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die LiebeEs ist lächerlich
Erich Fried
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe.
Inhaltsverzeichnis
Wenn man im Internet nach dem Schlagwort „Liebe“ sucht, dann erhält man in erster Linie Treffer, die sich mit Partnerschaft und Familie beschäftigen.
Das sind sicherlich auch die Bereiche, die die Mehrzahl von uns kennen.
Doch es gibt noch weitere „Lieben“:
- Menschen-
- Tier-
- Ordnungs-
- Arbeits-
- Detail-
Es gibt auch:
- Weinliebhaber
- Musikliebhaber
- Naturliebhaber
- Schmuckliebhaber
- Autoliebhaber
So, wie es aussieht, scheint es also nichts und niemanden zu geben, den oder das man nicht lieben könnte.
Gefühl oder Haltung?
Die Frage, ob Liebe ein Gefühl oder eine Haltung ist, begegnet mir immer wieder, seit ich begonnen habe, mich mit psychologischen Themen zu beschäftigen.
Mittlerweile bin ich der Ansicht, dass die Frage, ob sie ein Gefühl oder eine Haltung ist, genauso eindeutig zu beantworten ist, wie die Frage, ob eine Blume, die Wurzel oder die Blüte ist.
Sie ist beides.
Wie es bei der Blume die Blüte ist, die wir sehen, ist es unser Gefühl, was wir spüren.
Wie es bei der Blume die Wurzel ist, die die Blüte überhaupt erst ermöglicht, ist es unsere Haltung, die das entsprechende Gefühl erst ermöglicht.
Liebe als Haltung
Kann man erkennen, ob ein Mensch mit dieser Haltung lebt? Und wenn ja – woran?
Welche Faktoren können dazu beitragen, diese Haltung in uns zu etablieren?
Ich las mal von dem Buch „Leben in Gottes Gegenwart“ des mittelalterlichen Mönchs Bruder Lorenz., in dem er beschreibt, dass er sich vorstelle, Gott würde ihm stets über die Schulter schauen und wäre permanent mit ihm im Abgleich darüber, ob er richtig gehandelt hätte oder eben nicht.
Vielleicht kann man sich bezüglich Liebe als innerer Haltung ganz ähnlich vorstellen: es gibt eine Standleitung zum eigenen Herzen, dass rückmeldet, ab Entscheidungen im Sinne des Herzens gut oder verbesserungswürdig sind.
Aus meiner Erfahrung habe ich ein paar Anzeichen zusammengestellt, die darauf hindeuten, dass ein Mensch mit einer solchen Grundhaltung lebt:
- Präsenz (also im Hier und Jetzt sein)
- bei sich sein
- Großzügigkeit
- innere Ruhe
- Sinn für Ästhetik
- Wertschätzung
- Hilfsbereitschaft
- Dankbarkeit
- Respekt
- Kreativität
- Offenheit
- Geduld
- Blick für die Schönheit der Natur
- Mitgefühl / Empathie für Menschen und Tiere
- Achtsamkeit
Entsprechend gibt es auch Punkte, die Indizien dafür sind, dass jemand eine andere Grundhaltung hat. Hinter vielen dieser Punkte steht Angst:
- Egoismus
- Härte
- Recht haben wollen
- Gleichgültigkeit
- Gier
- Geiz
- Mobbing
- Erwartungshaltung
- Tierquälerei
- „schnell-schnell“ beziehungsweise Unruhe
- Drängeln / Vordrängeln
- Eine trennende Wir-gegen-die-Haltung
Auch Liebe hat wie die meisten Eigenschaften, die von uns in die Welt gebracht werden, ihren Ursprung in uns (Siehe: Wie ich mir so ich dir).
Selbstliebe ist genauso eine Entscheidung, wie die, sich nicht zu lieben. Und beide Entscheidungen haben entsprechende Konsequenzen.
Wenn wir uns dafür entscheiden, uns selbst lieben zu wollen, dann müssen wir vielleicht noch einen Schritt weiter zurückgehen und uns fragen, wie wir dem Leben an sich gegenüberstehen.
Ist das Leben für uns eine Aneinanderreihung von Anstrengungen und Zumutungen? Meckern wir viel? Empören wir uns über alles und jeden?
Dann sind wir mit unserer Aufmerksamkeit höchstwahrscheinlich mehr im Außen als bei uns selbst die und nutzen jede Möglichkeit, um unsere Unzufriedenheit – womit auch immer – zu kanalisieren.
Kurz: wir empfinden uns als machtlose Opfer der Umstände, die dem Leben ausgeliefert sind.
Es geht ums Überleben – ein Modus, in dem für Selbstliebe kein Platz ist.
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