Innere Filter
Viele Menschen tragen einen oder mehrere innere Filter mit sich herum. Diese Filter sorgen dafür, dass nicht jeder Gedanke ungefiltert ausgesprochen wird und nicht jedem Impuls ungefiltert gefolgt wird.
Das sind zwei Beispiele für sinnvolle Filter.
Manchmal schießen wir aber auch übers Ziel hinaus und installieren Filter, die uns nicht gut tun.
Inhaltsverzeichnis
Da haben wir innere Filter, die unsere Gefühle vor uns selbst und vor anderen filtern. Oder wir haben es mit einem Filter zu tun, der uns taub werden lässt für unsere wahren Bedürfnisse.
Wiederum andere innere Filter sieben unsere Leidenschaften und Sehnsüchte aus.
Zurück bleibt dann ein Mensch, der auf Effizienz und Funktionalität programmiert zu sein scheint. In Wirklichkeit handelt es sich allerdings meist um einen Menschen, der gelernt hat, vieles auszuhalten, ohne dabei zu zerbrechen. Ein Mensch, der stumpf gegen sein Innenleben sein muss, damit er am inneren Schmerz nicht zerbricht.
Vor einiger Zeit war ein Klient bei mir, dessen reichhaltige Emotionalität für mich deutlich spürbar war. Allerdings hatte er selbst anfangs überhaupt keinen Zugriff darauf. Wie sich herausstellte, hat er sogar die eigenen Gedanken durch einen Filter geschickt, so dass alle Gedanken, die auf seine emotionale Ebene schließen lassen, direkt ins Unbewusste verschoben wurden.
Jegliche Fragen, die auf die emotionale Ebene abzielten, wurden rational beantwortet und auf meine Frage „wie geht es Ihnen heute?“ kam als Antwort. Entweder „gut“ oder „schlecht“.
Um ihm für den Anfang eine kleine Hilfestellung zu geben, habe ich im Netz eine Liste mit verschiedenen Gefühlen gefunden, die ich ihm ausgedruckt habe. Somit dauerte es etwas länger, bis ich eine Antwort auf meine Frage nach dem aktuellen Befinden bekam, dafür war die Antwort etwas detaillierter: „sauer“, „besorgt“, „fröhlich“ oder „bedrückend“ waren fortan seine Antworten.
Was ich feststellte, war, dass er mit zunehmender Beschäftigung mit seinen Gefühlen immer differenzierter in seiner Wahrnehmung wurde. Sowohl nach außen, als auch nach innen. Gleichzeitig hatte er immer weniger Angst davor, verletzt zu werden.
In einer Sitzung sprachen wir über Freundschaft und er erzählte von seinen Freunden und was die jeweilige Freundschaft für ihn besonders macht. Ich saß entspannt in meinem Sessel und hörte zu, als ich mich plötzlich aufrichtete und fragte: „was haben Sie da gerade gesagt?“ „Ich sagte, dass ich Beziehungen zu anderen Menschen schnell langweilig finde, wenn da keine zweite Ebene ist.“ „Und was genau meinen Sie damit?“ „Ich meine damit, dass ich Menschen schnell langweilig finde, die nur oberflächlich fröhlich sind.“ „Was bedeutet das denn im Umkehrschluss?“ Kurzes überlegen, dann: „das bedeutet wahrscheinlich, dass ich unbewusst immer schon Wert auf eine tiefe und emotionale Verbindung gelegt habe.“
An dieser Stelle fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, dass ausnahmslos alle seiner engen Freundschaften einen großen Tiefgang haben und alle Gefühle Platz haben. Bis zu dem Zeitpunkt war er zwar lediglich derjenige, der ein offenes Ohr hatte, hat es aber stets genossen, wenn seine Freunde ihm ihr Herz ohne Filter ausgeschüttet haben.
Er schrieb mir später noch in einer Mail, dass sein HEPA-Filter nicht für „High-Efficiency Particulate Air“ steht – also hocheffizienter Partikelfilter, sondern dass er vielmehr „Hopes, Emotions, Passions und Aspiration“ – also „Hoffnungen, Emotionen, Leidenschaften und Sehnsüchte“ ausgefiltert hat.
Der Preis der Selbstzensur
Diese Geschichte zeigt deutlich, wie wichtig es ist, innere Filter bei uns selbst zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Oftmals installieren wir Filter, die uns vor vermeintlichen Gefahren oder negativen Reaktionen unserer Umwelt schützen sollen. Diese Filter können jedoch dazu führen, dass wir uns selbst und unsere Bedürfnisse aus den Augen verlieren.
Ein gutes Beispiel hierfür ist eine ehemalige Klientin, die Führungskraft in einem mittelständischen Unternehmen ist. Sie hat gelernt, ihre Emotionen am Arbeitsplatz stark zu filtern, um stets professionell und kontrolliert zu wirken. Dieser innere Filter hat ihr geholfen, erfolgreich zu sein, aber gleichzeitig hat er sie von ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen entfremdet. Sie berichtete mir, dass sie sich oft leer und ausgelaugt fühlt, weil sie ständig einen Teil von sich selbst unterdrückt.
Mit diese Klientin habe ich so gearbeitet, dass sie erkannt hat, dass sie mehr ist, als die professionelle Führungskraft.
Wir haben begonnen, für sie eine Rolle als Privatmensch zu etablieren, so dass sie zwischen zwei verschiedenen Rollen wählen konnte. Die „private Frau“ durfte durchaus Gefühle zeigen und Bedürfnisse äußern und hat von ihren Freunden und ihrer Familie schnell Feedback erhalten, das sie ermunterte, immer mutiger zu werden.
Als sie die letzte Sitzung bei mir hatte, hatte sie schon begonnen, die Rolle „die Private“ noch mehr zu verfeinern. Es hat nämlich gar nicht so lange gedauert, seit sie begonnen hat, innere Filter zu verändern, bis die Rolle „Partnerin“ dazugekommen ist.
Balance finden
Es ist wichtig, eine Balance zu finden. Innere Filter sind notwendig, um in der Gesellschaft funktionieren zu können, aber sie dürfen nicht so stark sein, dass sie uns von unserem wahren Selbst und unseren Bedürfnissen abschneiden. Wir müssen lernen, unsere Filter flexibel zu gestalten, damit sie uns schützen, ohne uns einzuschränken.
Wie sollte man mit seinen Filtern umgehen?
Innere Filter sind ein wichtiger Bestandteil unseres psychischen Gleichgewichts. Sie helfen uns, in sozialen Situationen angemessen zu reagieren und uns vor emotionaler Überlastung zu schützen. Doch es ist entscheidend, dass wir diese Filter bewusst wahrnehmen und bei Bedarf anpassen, um ein erfülltes und authentisches Leben führen zu können. Jeder Mensch hat die Fähigkeit, seine inneren Filter zu erkennen und zu modifizieren, um ein gesünderes, ausgeglicheneres und glücklicheres Leben zu führen.
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