Perfektionismus: Leben zwischen Angst und Selbstbestimmung
„Perfektionismus“ – ein Begriff, der in der heutigen Gesellschaft sehr präsent ist. Der Drang, in allem, was wir tun, makellos zu sein, sei es bei der Suche nach dem besten Preis für einen Computer, dem Streben nach einem tollen Körper oder der Erstellung der bestmöglichen Präsentation, beeinflusst unser Leben oft auf bis in die tiefsten Tiefen. Der Drang nach Vollkommenheit beherrscht unser Denken und Handeln bis zu einem Punkt, an dem wir uns selbst verlieren können.
Inhaltsverzeichnis
Die Auswirkungen des Perfektionismus
Perfektionismus hat, wie bereits betont, viele Gesichter, aber keines davon ist wirklich attraktiv. In einem ständigen Rennen, besser, schneller, effizienter zu sein, geraten die wahren Werte und Prioritäten des Lebens oft in den Hintergrund.
Ich erinnere mich an einen Klienten, der Jura studierte und, wie er sagte, „objektiv betrachtet wirklich gut dabei“ war. Aber er fühlte es nicht. Die Frage „habe ich wirklich genug getan?“ war sein ständiger Begleiter – genau wie der daraus resultierende Stress und die Rastlosigkeit, die ihn irgendwann nicht mal mehr richtig schlafen ließen.
Der Klient hatte sein Gespür dafür verloren, wann seine Leistungen gut genug waren. Auch, wenn er mit 80% Einsatz eine 1 geschrieben hätte, gab er lieber 200% – nur, um auf Nummer sicher zu gehen. Eine enorme Verschwendung, von Ressourcen wie Zeit, Ruhe und Freude.
Der Preis des Perfektionismus
Das ständige Streben nach Perfektion kann einen hohen Preis haben. Schlaflose Nächte, soziale Isolation, Angstzustände und ständige Selbstkritik. Man wird getrieben von einer Stimme im Kopf, die nie zufrieden ist, die ständig nach mehr verlangt. Es ist, als würde man versuchen, einen unstillbaren Durst zu löschen.
Ein weiteres Beispiel aus meiner Praxis ist die Mutter von drei Kindern, die versuchte, alles perfekt zu machen. Perfekte Mahlzeiten, perfekte Freizeitaktivitäten, Elternvertreterin bei zwei Kindern. Geschenke für die Lehrer? Ihre Hand war immer am schnellsten oben.
Als sie sich an mich gewandt hat, war sie bereits mit großen Schritten in Richtung Burnout unterwegs. Sie hatte die Gefahr erkannt, war jedoch aus sich heraus nicht in der Lage, ihren Perfektionismus über Bord zu werfen.
Zu groß war die Angst vor Ablehnung und sozialer Ächtung.
Auch dieser Klientin war nicht mehr bewusst, wann das, was sie tat, gut genug war.
Das Beispiel verdeutlicht das Dilemma vieler moderner Eltern. Im digitalen Zeitalter, in dem wir leben, wo jeder Moment potenziell für die Welt sichtbar ist, kann der Druck, alles „richtig“ zu machen, erdrückend sein. Aber was bedeutet es, „richtig“ zu sein? Und zu welchem Preis?
Wenn wir uns auf dieses „Spiel“ einlassen, dann werden wir keine ruhige Minute mehr haben. Wir werden immer sehen, was wir noch nicht gemacht haben und wo wir noch nicht perfekt sind.
Die Folge davon sind permanente Anspannung und ein Stresslevel, dass zur Belastung für uns, unsere Gesundheit und auch unser Umfeld werden kann.
Zutaten eines entspannten Lebens
Ich denke, die grundsätzliche Frage, die wir Menschen uns stellen sollten, ist die, nach der persönlichen Erfüllung, dem persönlichen Glück und der eigenen Zufriedenheit.
Stress sollte bestenfalls die Rolle spielen, als dass er uns davor warnt, uns zu weit von uns selbst und unseren Bedürfnissen zu entfernen.
Stress ist kein Gütesiegel!
Nur, wenn wir wirklich bei uns sind und unserer persönlichen Natur gemäß leben, dann sind Ruhe und innerer Friede unsere Begleiter.
Angst: Der Schatten des Perfektionismus
Hinter dem Streben nach Perfektion – also Perfektionismus – steckt oft Angst. Angst, nicht gut genug zu sein. Angst vor Ablehnung oder Misserfolg. Doch wie gehen wir mit dieser Angst besser um, als uns ständig mit Perfektionismus herumzuschlagen?
Erstens sollten wir uns fragen: Wovor haben wir wirklich Angst? Und zweitens: Wollen wir, dass diese Angst unser Leben bestimmt? Oft treibt uns die Angst zwar zu Höchstleistungen an, aber um welchen Preis? Und ist es das wirklich wert?
Mit der Angst richtig umgehen
Wenn wir uns nicht mit unseren Ängste konfrontieren, gewinnen sie an Macht und beginnen, uns zu kontrollieren. Das bedeutet, dass in dieser Konfrontation mit unseren Ängsten die einzige Chance auf Freiheit liegt. Die Frage „Was kann schlimmstenfalls passieren?“ kann uns helfen, unsere Ängste im richtigen Maßstab zu sehen. Oftmals sind nämlich die befürchteten Szenarien weit weniger schlimm, als wir sie uns ausmalen.
Mut zur Unvollkommenheit
Es ist ein Balanceakt. Einerseits wollen wir das Beste aus uns herausholen, andererseits müssen wir lernen, uns selbst zu akzeptieren, wie wir sind – mit all unseren Unvollkommenheiten. Das Leben ist zu kurz, um es ständig im Schatten der Perfektion zu verbringen. Mut zur Unvollkommenheit bedeutet nicht, sich mit zu wenig zufriedenzugeben, sondern vielmehr, das Leben in all seinen Facetten zu schätzen und zu genießen.
Perfektionismus und das Streben nach Perfektion mag uns kurzzeitig Befriedigung verschaffen, aber wahres Glück und Zufriedenheit finden wir nur, wenn wir uns selbst erlauben, einfach „gut genug“ zu sein. Es ist Zeit, sich von der Fessel des Perfektionismus zu befreien und das Leben in vollen Zügen zu genießen!
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