Abhängigkeit von anderen
Meine Frau und ich haben vor einiger Zeit eine Eselwanderung gemacht. In dem Zusammenhang hatte uns der Inhaber der Eselei erzählt, dass unter Eseln eine ganz bestimmte Abhängigkeit besteht: Esel können sich nicht überall selbst kratzen können. Wenn es sie jetzt aber mal an einer für sie unerreichbaren Stelle juckt, dann gehen sie zu einem anderen Esel und knabbern diesen so lange an der Stelle, bis er versteht, dass der andere dort geknabbert werden möchte und ihn erlöst.
Auch wir Menschen agieren manchmal ähnlich. Nach dem Motto „ich gebe, um zu bekommen“ verwöhnen wir Verwandte und Freunde – in der Hoffnung, auch selbst mal etwas Gutes zu erhalten. Häufig fühlen wir uns aber nach einem getanen Gefallen klein, leer und ungeliebt, weil logischerweise nicht direkt etwas zurückgegeben wurde.
Meistens kommt nur sehr selten oder sogar nie etwas zurück. Denn in der menschlichen Wahrnehmung kann der, der so viel gibt, nicht bedürftig sein.
Und wenn es doch mal etwas zurück gibt, dann ist es häufig wie der Tropfen auf den heißen Stein: die Wirkung verpufft schnell, weil die innere Bilanz zwischen geben und nehmen sich in einer sehr starken Schieflage befindet.
Am schlimmsten ist es für Menschen, die so agieren, wenn sie sich von denen, für die sie so viel machen, übergangen oder ausgeschlossen fühlen. Dann zeigt sich die angestaute Wut über die Ungerechtigkeit des Lebens. Manchmal kommt es sogar zu Kontaktabbrüchen.
Vom Verpflichtungsgefühl zu Selbstständigkeit
Sollten Sie zu den Menschen gehören, die – überspitzt gesagt – ihre Hilfe schon anbieten, bevor sie überhaupt danach gefragt werden, dann können Sie folgendes tun (wenn Sie Ihr Verhalten diesbezüglich ändern möchten):
- warten Sie mit „freiwilligen“ Hilfsangeboten
- schauen Sie genau hin, um wen und was es sich handelt
- wenn jemand, der Ihnen nahesteht, Hilfe benötigt, könnest Sie Unterstützung anbieten
- wenn ein entfernter Bekannter mit Ihnen Umzugshelfer Nummer 28 hat, dürfen Sie die Zeit für sich nutzen
- achten Sie immer auf Ihr Gefühl. Vor der Entscheidung und auch nach geleisteter Unterstützung. Fühlen Sie Drück oder Leere, haben Sie es wahrscheinlich mit einer für Sie falschen Handlungsvarante zu tun.
- lassen Sie anderen Menschen ihre Verantwortung. Nach Hilfe kann man auch fragen. Hier beginnt manchmal schon das Gefühl der Wertschätzung.
Eigenverantwortung und Un – Abhängigkeit
Vereinfacht dargestellt kann man sagen:
Wenn Sie Appetit auf Pizza haben, können Sie natürlich alle ihre Freunde mit Pizza versorgen und darauf hoffen, dass vielleicht einer dabei ist, der sich mit Pizza revanchiert. Oder sie machen sich direkt selbst eine Pizza. So haben Sie sich selbst Ihren Wunsch erfüllt und Ihr Bedürfnis gestillt. Und Sie mussten nur eine Pizza backen und nicht zwanzig.
Natürlich ist es mit den Bedürfnissen, die uns zu „egoistischen Helfern“ werden lassen, nicht immer so einfach. Herauszufinden, welches Bedürfnis oder Gefühl sich gerade in uns bemerkbar macht, ist wahrscheinlich der schwierigste Schritt dabei. Um das zu erkennen, ist es wichtig, sich selbst wahrzunehmen und sich selbst zuzuhören. Das wiederum setzt eine Ruhe voraus, die Sie vermutlich nicht erreichen, wenn Sie sich hauptsächlich um andere kümmern.
Seien Sie also kein Esel und kratzen Sie sich selbst. Sie leben nicht in Abhängigkeit.
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