Bin ich normal? Diese Frage beschäftigt viele Menschen – zumindest zeitweise. In den allermeisten Fällen lautet die Antwort darauf: „Ja, natürlich!“ Denn die Bandbreite „normalen“ Verhaltens ist sehr groß.
Außerdem definieren wir als Gesellschaft, was normal ist und was nicht. Und genau damit beschäftigt sich die folgende Geschichte, die ich neulich hörte:
Es war einmal ein König, der lebte in seinem Schloss auf einem hohen Berg. Der König war sehr beliebt bei seinem Volk. Jeden Tag brachten ihm die Leute aus der Stadt schöne Geschenke, und der Geburtstag des Königs wurde im ganzen Land gefeiert. Die Leute liebten den König, denn er war weise und gerecht.
Eines Tages geschah ein Unglück. Alle Brunnen im Lande wurden vergiftet, und alle, die daraus tranken, wurden verrückt. Nur der König, der einen eigenen Brunnen besaß, blieb verschont. Bald danach fingen die verrückten Leute im ganzen Land an zu tuscheln: „Wie seltsam ist doch unser König. Er ist überhaupt nicht mehr weise, er ist gar nicht mehr gerecht.“ Manche behaupteten sogar, der König sei verrückt geworden. Vorbei war seine Beliebtheit, und niemand brachte ihm mehr Geschenke. Natürlich feierte auch niemand mehr seinen Geburtstag.
Der einsame König langweilte sich und beschloss eines Tages, von seinem Berg herabzusteigen und in die Stadt zu gehen. Es war furchtbar heiss an diesem Tag, darum trank der König einen tüchtigen Schluck aus dem Brunnen am Marktplatz.
An diesem Abend feierte die ganze Stadt ein grosses Fest. „Unser geliebter König hat endlich seinen Verstand wiedergefunden“, jubelten die Leute.
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