Was bringt eigentlich eine Gesprächstherapie?

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Gesprächstherapie - Jan Göritz - Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologischer Berater, Psychotherapeut (HeilprG) in Hamburg

Ich bin in meiner Praxis immer wieder mit der Überraschung meiner Klienten konfrontiert, was die Wirksamkeit einer Gesprächstherapie betrifft. „Ich hätte nie gedacht, dass es so viel bringt, nur zu reden.“ ist ein Satz, den ich in verschiedenen Variationen häufiger höre.
Das ist verständlich, reden wir doch den ganzen Tag: mit Kollegen, mit Freunden, mit der Familie, mit dem Kassierer oder der Tankwärterin. Klar, dass da der Gedanke aufkommt, ein paar zusätzliche Worte beim Therapeuten würden den Kohl dann wohl auch nicht fett machen.

Ich erwidere dann zumeist, dass es zwar „Gesprächstherapie“ heiße, das Zu- und wirkliche Hinhören und das ehrliche Interesse am Gegenüber aber wahrscheinlich fast noch wichtiger sei. Nach meiner Beobachtung wird im Allgemeinen zwar viel geredet, aber nur selten nutzen Menschen Worte dafür, um sich wahrhaftig zu begegnen.

Gesprächstherapie bietet genau dafür den passenden und geschützten Raum.

Es interessiert mich nicht, wovon Du Deinen Lebensunterhalt bestreitest.
Ich möchte wissen, wonach Du Dich sehnst und ob Du es wagst,
davon zu träumen, Deine Herzenswünsche zu erfüllen.
(aus: „Die Einladung“ von Oriah Mountain Dreamer)

Auch wenn ich mich auch anderer therapeutischer Werkzeuge bediene, nimmt die Gesprächstherapie in meiner Arbeit einen sehr großen Raum ein.

Gesprächstherapie – kurz erklärt

Die klientenzentrierte Gesprächstherapie nach Carl Rogers gehört zu den bekanntesten und am häufigsten eingesetzten psychotherapeutischen Verfahren, und auch ich setze sie ein.

Das Prinzip ist einfach, aber kraftvoll:

  • Sie stehen im Mittelpunkt.
  • Sie bestimmen das Tempo.
  • Sie wissen, was gut für Sie ist (auch wenn es sich nicht immer so anfühlt).

Wir Heilpraktiker für Psychotherapie, Coaches und Psychotherapeuten schaffen durch EmpathieEchtheit und bedingungslose Wertschätzung den Raum dafür.

Mehr als „nur reden“ – was in der Gesprächstherapie wirklich passiert

Was passiert also in einem solchen Gespräch, das über alltägliches Reden hinausgeht? Ich habe es hier für Sie kurz zusammengefasst.

Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben. Der sicherste Weg zum Erfolg ist immer, es noch einmal zu versuchen. (Thomas Edison)

1. Sie dürfen alles sagen – ohne bewertet zu werden

In unserer Welt wird ständig bewertet: „So solltest du nicht denken!“, „Das kannst du doch nicht machen!“, oder „Jetzt reiß dich mal zusammen!“.

In der Gesprächstherapie fällt dieser Druck weg. Es gibt keine Bewertungen. Keine Tipps aus dem Ratgeber-Regal. Keine vorschnellen Diagnosen. Nur Raum. Raum für Ihre Gedanken, Gefühle und Ängste. Und vor allem auch für Ihre Widersprüche und Ambivalenzen.

Und genau dieser Raum, in dem Sie einfach sein dürfen, ist es, der so heilend wirkt.

2. Reden klärt – und Klärung ist der erste Schritt zur Heilung

In der Therapie höre ich oft Sätze wie:

„So habe ich das ja noch nie gesagt … jetzt, wo ich’s laut höre, merke ich, wie sehr mich das eigentlich belastet.“

Manchmal stolpern meine Klienten dabei über ihre eigenen Formulierungen, manchmal mache ich Vorschläge, die sich dann als treffend erweisen.

In jedem Fall bringt das Aussprechen Klarheit. Und manchmal reicht schon ein kleiner Moment und ein treffender Satz, um einen inneren Knoten zu lösen.

Wer reden darf, ohne beurteilt zu werden, beginnt, sich seiner eigenen Wahrheit anzunähern und sich selbst besser zu verstehen. Und nur wer sich selbst versteht, kann sich gezielt verändern.

3. Therapeutisches Zuhören ist aktives Zuhören

In der Gesprächstherapie bin ich nicht halb abwesend wie in einer langweiligen Schulstunde, sondern höre aktiv und mit voller Präsenz zu. Ich spiegele, fasse zusammen, frage nach – und indem ich Ihnen auf eine nicht alltägliche Art und Weise zuhöre, biete ich auch Ihnen die Möglichkeit, sich selbst auf eine neue Weise zuzuhören.

Es geht nicht darum, Ihnen Lösungen vorzugeben, sondern darum, Ihnen die Möglichkeit zu geben, Ihre eigene Lösung in sich zu entdecken. Dem zugrunde liegt die Überzeugung, dass jeder Mensch die Fähigkeit zur Veränderung in sich trägt. Aber manchmal braucht es eben einen Resonanzkörper, um diese Kraft zu aktivieren.

Schwächende Sprachmuster

Wie häufig schleichen sich schwächende Wörter oder Formulierungen in unser Denken und zeigen sich dann in unserer Sprache:

1. „Leider …“

„Leider war ich wieder zu spät.“
Das Wort transportiert schon Schuld, bevor die eigentliche Aussage kommt.

2. „Natürlich habe ich mal wieder (nicht) …“

„Natürlich hab’ ich mal wieder vergessen, zurückzurufen.“
Ironisch, resigniert, oft mit innerer Selbstabwertung verbunden.

Sich selbst treu zu sein in einer Welt, die ständig versucht, dich zu etwas anderem zu machen, ist die größte Errungenschaft. (Ralph Waldo Emerson)



3. „Ich sollte eigentlich …“

„Ich sollte eigentlich mehr Sport machen …“
Das „eigentlich“ relativiert, macht es unverbindlich und drückt inneren Druck aus.

4. „Ich versuche …“

„Ich versuche, weniger zu arbeiten.“
→ Klingt passiv, halbherzig, nicht verbindlich.

Besser: „Ich habe beschlossen, weniger zu arbeiten.“

5. „Ich weiß auch nicht …“

„Ich weiß auch nicht, warum ich das immer mache …“
Ausdruck von Hilflosigkeit oder Unsicherheit – oft vorweggenommen.

6. „Ich bin halt so.“

„Ich bin halt chaotisch.“
Klingt nach Resignation und Unveränderbarkeit.

7. „Schon wieder …“ / „Wie immer …“

„Wie immer hab ich’s nicht geschafft.“
Verstärken das Gefühl, in einer Endlosschleife zu sein.

8. „Eigentlich geht’s mir gut.“

„Eigentlich geht’s mir gut … aber ich kann nachts nicht schlafen.“
Das „eigentlich“ entwertet die Aussage – oft steckt dahinter ein „aber“.

9. „Ich bin nur …“

„Ich bin nur Angestellter.“
Reduziert sich selbst, macht sich klein.

Warum nicht: „Ich arbeite im Bereich XY.“

10. „Das ist doch nicht so wichtig …“

„Ach, das mit dem Streit gestern ist doch nicht so wichtig …“
Entwertung eigener Bedürfnisse oder Gefühle.

Sprache ist eben nie neutral. Sie ist Ausdruck unserer Wahrnehmung und unseres Selbstbildes. Gleichzeitig formt sie aber auch unser Denken über uns selbst.

Coaching ist eine Kunst und viel einfacher gesagt als getan. Es erfordert Mut, eine Frage zu stellen, anstatt Ratschläge zu geben, eine Antwort zu geben oder eine Lösung zu finden. (Brené Brown)

In der Gesprächstherapie arbeiten wir oft genau an solchen Stellen: Wir decken automatisierte Sprachmuster auf – und erforschen, was dahintersteckt. Ich habe an meinem Platz einen Buzzer stehen, den ich unter anderem in solchen Momenten betätige. Und nach dem fünften „ich versuche …“ ist das nervige Buzzergeräusch so mit dieser Formulierung gekoppelt, dass meine Klienten es in ihrem Kopf hören, wenn sie das jeweilige Wort oder die jeweilige Formulierung aussprechen.

Beispiel aus der Praxis: Lärm im Kopf

Ein ehemaliger Klient, Mitte 30, eröffnete mit folgendem Satz das Vorgespräch:

„Ich hab’ ständig Lärm im Kopf. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“

Er war gestresst und überfordert. Daraus resultierend hatten sich massive Schlafprobleme entwickelt. Die Gespräche in der Therapie halfen ihm zunächst, diesen „Lärm“ überhaupt zu benennen. Wir schauten uns als Erstes alle seine Lebensbereiche einzeln an und stellten fest: Vieles ist okay bis gut. Lediglich der Bereich „Arbeit“ war aufgrund deutlicher Überlastung und eines unempathischen Vorgesetzten von Stress geprägt. Dieser Stress spülte allerdings nach und nach in alle anderen Lebensbereiche mit ein, sodass der Klient das Gefühl hatte, überhaupt einen Boden mehr unter den Füßen zu haben.

Doch so wurde aus dem stressigen Chaos über das Aussprechen nach und nach eine Ordnung, in der er sich wieder handlungsfähig fühlte. So war es ihm möglich, erste Schritte in Richtung Veränderung zu gehen.

Wir haben nichts Neues entwickelt, keine Anti-Stress-Kanone gebaut. Wir haben über das Gespräch Gedanken sortiert, hinterfragt, ausgemistet. So wurden aus seinen recht flüchtigen Gedanken irgendwann konkrete Handlungen, die in Richtung positive Veränderung gingen.

Reden wirkt – auch körperlich

Vielleicht überrascht es Sie: Gesprächstherapie zeigt sogar Wirkungen auf körperlicher Ebene. Studien belegen, dass das therapeutische Gespräch nachweislich:

  • das Stresslevel senkt (weniger Cortisol)
  • Schlafqualität verbessert
  • depressive Symptome lindert
  • das Immunsystem stärkt

Und das alles ohne Medikamente. Nur durch die Kraft der Worte.

Häufige Missverständnisse

„Ich will nicht meine Kindheit aufarbeiten.“

Müssen Sie auch nicht. Gesprächstherapie ist keine Psychoanalyse. Sie dürfen über Ihre Kindheit sprechen – aber nur, wenn Sie das möchten. Wir bleiben oft sehr im Hier und Jetzt: Was belastet Sie heute? Was möchten Sie verändern? Was braucht es dafür?

Da allerdings viele Ursachen für unser heutiges Verhalten in Kindheit und Jugend zu finden sind, werden wir möglicherweise den einen oder anderen Abstecher dorthin unternehmen müssen.

„Ich bin doch nicht verrückt.“

Nein, das sind Sie nicht. Aber Sie tragen möglicherweise etwas mit sich herum, das Sie belastet. Oder einen Schmerz, der dringend Raum benötigt. Eine Therapie zu beginnen und sich ernsthaft mit sich selbst und seinen tieferliegenden Gefühlen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen, erfordert viel Mut.

Insofern kann Therapie keine Schwäche sein! Im Gegenteil: sie ist ein Akt von Selbstfürsorge und Stärke.

Das Geheimnis des Vorwärtskommens liegt darin, den ersten Schritt zu tun. (Mark Twain)

Reden ist der Anfang von allem

Was bringt also eine Gesprächstherapie? Sie bringt:

• Klarheit, wo Chaos war.

• Gefühle, wo Leere war.

• Handlungsfähigkeit, wo Ohnmacht war.

Sie ist natürlich keine Wunderwaffe. Aber sie kann viel bewegen.

Stellen Sie sich doch mal die folgenden Fragen:

  • Wann haben Sie das letzte Mal offen über Ihre inneren Themen gesprochen – ohne unterbrochen zu werden?
  • Was würde passieren, wenn Sie diesen Raum hätten?
  • Wie sähe ein Leben aus, in dem Sie sich selbst besser verstehen?

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FAQ

Was genau passiert in einer Gesprächstherapie?

In der Gesprächstherapie geht es nicht nur ums Reden – es geht ums gehört werden. Sie bringen Ihre Gedanken, Gefühle oder Konflikte mit, und ich höre aktiv zu, stelle Fragen, spiegle – und halte einen sicheren Raum, in dem Sie sich sortieren, verstehen und neu ausrichten können. Es gibt keinen Fahrplan, der für alle gleich ist – Sie geben das Tempo und die Themen vor. Ich begleite.

Muss ich über meine Kindheit sprechen?

Nein. Wenn Sie möchten, können wir darüber sprechen – aber Sie müssen es nicht. Wir arbeiten mit dem, was Sie mitbringen. Oft liegen die Belastungen im Hier und Jetzt, und dort setzen wir an. Die Vergangenheit kann helfen, Dinge zu verstehen – aber sie ist kein Pflichtprogramm.

Wie lange dauert eine Gesprächstherapie?

Das ist individuell. Manche Themen brauchen nur wenige Sitzungen, andere mehr Zeit. Es geht nicht um „Therapie auf Rezept“, sondern um echte Veränderung. Und die geschieht nicht auf Knopfdruck.

Ist Gesprächstherapie überhaupt wirksam?

Ja – und das ist sogar wissenschaftlich gut belegt. Studien zeigen, dass die klientenzentrierte Gesprächstherapie (nach Carl Rogers) besonders wirksam ist bei Depressionen, Ängsten, Anpassungsstörungen, Beziehungskrisen und Selbstwertproblemen. Entscheidend ist vor allem: die Beziehung zwischen Klient und Therapeut. Wenn die stimmt, kann viel in Bewegung kommen.


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